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Performances – Übersicht

Unsterblich bis 11013 (Full HD Video, 16 Minuten)
3. April 2014, 20:00 Uhr, temporäres Atelier in Meran Untermais

» Fernsehbericht im SDF Südtirol – am 3.4.2014 über die dem Film zu Grunde liegende Aktion

Im Zentrum der Videoarbeit steht das Atelier als magischer Ort an dem die Widersprüche einer künstlerischen Existenz wenigstens phasenweise versöhnt werden können. Ein Ort der Einsicht und der Aussicht, des Rückzugs und des Auszugs, des Chaos und der Ordnung, Gummizelle und Bühne, Krankenstation und Jungbrunnen, ein Ort des Möglichkeitssinns und des Wirklichkeitssinns, kurz: Der genuine Ort der Kunst jenseits von Markt und Betrieb, Galerie und Museum, der Ort, wo das Virtuelle und das Reale miteinander verschmelzen können, wo es im wahrsten Sinn des Wortes weder Oben noch Unten gibt und alles möglich ist.



"Rolling Home", Thomas Sterna's Skulptur in seinem temporären Atelier in Untermais bei Meran, spielt auch in seiner zweiten Performance eine zentrale Rolle: Den Künstler beschäftigt weiterhin die Frage nach einer "realen Virtualität", diesmal geht es im Kampf mit der Schwerkraft um das Aktzeichnen.

"Unsterblich bis 11013" ist ironisch gemeint: Vergangenes Jahr habe ich einen Bericht über eine Gruppe Wissenschaftler gelesen, welche die Zukunft der Menschheit voraus zu sagen versucht hat. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass es uns als Spezies, wenn nichts Dramatisches dazwischen kommt, wahrscheinlich noch etwa 9.000 Jahre geben wird. Das heißt, auch wir werden vergehen und mit uns, so steht zu befürchten, unsere gesamte Kultur und Geistesgeschichte. Man muss sich diese kulturpessimistische These nicht zu eigen machen, sollte sich aber allein schon angesichts deren Möglichkeit etwas mehr in Bescheidenheit üben, wenn es um ewige Werte oder das Wahre, Gute, Schöne geht." (Thomas Sterna)



Die Frage nach einer "realen Virtualität" spielt auch in der zweiten Performance von Thomas Sterna innerhalb der in Untermais bei Meran aufgebauten Skulptur "Rolling Home" eine zentrale Rolle. Dieses Mal geht es im Kampf mit der Schwerkraft um das Aktzeichnen, und nicht wie vor einem Jahr in der Aktion "The Perfect Kitchen Show" um das Kochen. Dafür hat der in Meran lebende Künstler das Dachgeschoss seines drehbaren Holzhauses, das letztes Jahr noch leer stand, in ein Atelier verwandelt. Im Gegensatz zur Küchensituation 2013 sieht dieses Atelier allerdings bereits vor dem Start der Aktion so aus wie die "Perfect Kitchen" nach der ersten 360-Grad-Drehung: Viele Dinge, wie etwa Pinsel, Farbtuben, Fotos, Bücher, Zeitschriften usw. liegen am Boden verstreut. Es herrscht ein großes Durcheinander. Mitten in diesem Chaos steht der Künstler an einer Staffelei und versucht ein weibliches Aktmodell zu zeichnen, während sich das Haus langsam dreht. Das Publikum kann auch diesmal dank zweier Live-Projektionen an der Performance teilhaben und dabei sowohl die sich ständig verändernde Raumsituation als auch die zeichnerischen Bemühungen des Künstlers mitverfolgen.

Mit dieser zweiten komplexen Performance in der Skulptur "Rolling Home" führt Thomas Sterna seine bereits 1998 begonnene und 2013 wieder aufgenommene Untersuchung drehbarer Räume fort. Mit veränderten Parametern versucht er wiederum die Gesetzmäßigkeiten des Abstrakt-Virtuellen in die materielle Wirklichkeit zu überführen. In dieser neuen Arbeit geht es ihm darüber hinaus um eine Auseinandersetzung mit dem Mythos Atelier und der Rolle des Künstlers unter den Bedingungen einer sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts ständig weiter ausbreitenden "Kunstindustrie".

Das Aktzeichnen spielt in diesem Kontext die Rolle eines anachronistischen Pausenfüllers, dem man sich hingibt, wenn man gerade mit seiner eigentlichen Arbeit nicht weiterkommt. Die Aktion ist insofern auch Ausdruck einer gewissen Melancholie angesichts der sich für die Mehrzahl der Künstler immer weiter verschlechternden allgemeinen ökonomischen und sozialen Lage. Schließlich erweist sich inzwischen die früher viel gepriesene Autonomie des Künstlers unter den konkreten Marktbedingungen des 21. Jahrhunderts mehr und mehr als Schimäre. Gefragt ist heute in erster Linie Flexibilität und Fitness statt Eigensinn und Unbeirrbarkeit. Nur wer sich noch an Rebellion und Subversion erinnert, empfindet in diesem Kontext Phantomschmerzen; und dies um so mehr beim Blick auf eine Kunstbetriebselite, die sich in der Pose des auktorialen (allwissenden) Erzählers gefällt, eines Erzählmodus übrigens, den die Literaturwissenschaft bereits vor langer Zeit als unzeitgemäßes, weil feudalistisch geprägtes Denken beerdigt hat.





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